Generalverdacht auf Tragen einer biologischen Waffe
Nun sind wir alle Waffenträger. Zumindest in den Bundesländern, in denen Maskenpflicht herrscht.
Nun sind wir alle Waffenträger. Zumindest in den Bundesländern, in denen Maskenpflicht herrscht.
Seit den 1920ern sind die Bürger Deutschlands eigentlich entwaffnet. Eine Waffe zu tragen, ist verboten — außer, man kann eine Ausnahme für sich geltend machen. Und das ist auch gut so, finde ich. Ein Gewaltmonopol des Staates trägt zum inneren Frieden bei. Zustände wie in den USA wünsche ich mir nicht. Eine Waffe in beliebigen Händen scheint mir die Fremdgefährdung drastisch zu erhöhen, die von einem Menschen ausgeht. “God created man and Sam Colt made them equal.” klingt für mich nur oberflächlich gut. Allzu schnell schwingt sich da jemand auf, um einen persönlich empfundenen Unterschied mit Waffengewalt auszugleichen.
Ebenso ist es verboten, bei roter Ampel über eine Kreuzung zu fahren. Ein Auto ist ein gefährliches Werkzeug, mit dem man andere leicht versehren kann. Deshalb ist sein Gebrauch stark geregelt. Die Gefahr einer Fremdgefährdung ohne Eignungsprüfung und Regelsystem ist schlicht zu groß.
Verbote
So weit zwei Beispiele für Verbote. Mit ihnen soll die Gefährdung anderer Menschen reduziert werden. Selbstgefährdung hingegen ist deutlich weniger verboten. Ich darf z.B. rauchen und damit meine Gesundheit gefährden. Ich darf mir auch ein Messer ins Bein stechen und begehe damit keine Straftat. (Ob ich dann als selbstgefährdend in die Psychatrie komme, steht auf einem anderen Blatt.)
Wo das Mittel der Selbstgefährdung allerdings zur Fremdgefährdung taugt, kommen Verbote ins Spiel. Mein selbstgefährdendes Rauchen darf z.B. nicht anderer Menschen Gesundheit übermäßig beeinträchtigen; deshalb gilt ein Rauchverbot in Gaststätten.
Verbote sind Vorschriften, die Handlungen unter Strafe stellen. Sie sind harte Grenzen im Miteinander. Sie stellen daher tiefe Einschnitte in die Freiheiten ein, die wir ansonsten genießen wollen. Verbote sollten in einem Staat, der auf dem Wunsch nach möglichst freier Entfaltung aufgebaut ist, deshalb minimal ausfallen und mit Vorsicht ausgesprochen werden. Das halte ich für ein Gebot.
Unbegrenzte Freiheit ist natürlich nicht möglich für jeden. In einer Gemeinschaft müssen wir eine Balance finden. Des einen freie Entfaltung kann leicht des andere Einschränkung sein. Verbote helfen dem Interessenausgleich — aber sind Mittel, die eigentlich nicht eingesetzt werden sollten, weil sie entmündigen: Bei einem Verbot wird das Urteil des Gemeinschaftsmitglieds bewusst ignoriert. Man traut ihm grundsätzlich oder in einer Situation nicht zu, sich nicht übergebühr einschränkend oder gefährdend für andere zu verhalten.
Gebote
Konformer mit freier Entfaltung sind Gebote. Gebote zeigen eine gewünschte Verhaltensweise an, erzwingen sie aber nicht. Dem Einzelnen wird ein Urteil zugetraut. Die 10 Gebote sind nicht umsonst Gebote und nicht Verbote. Es steht darin nicht “Du musst…”, sondern “Du sollst…” Ermessensspielraum bleibt erhalten.
Einem alten Menschen im Bus den Sitzplatz anzubieten, kann als Gebot verstanden werden. Oder auch das Rechtsfahrgebot: Es ist als Gebot formuliert und nicht als Linksfahrverbot. Mir scheint der simple Grund dafür zu sein, dass man aus unterschiedlichen Gründen eben doch mal weiter links fahren muss, um den Verkehr am Fließen zu halten. Dem soll nicht die Drastik eines Verbotes im Wege stehen. Das Gebot reicht aus, um die Fremdgefährung klein zu halten. Autofahrer haben einen Ermessensspielraum.
Das Verbot der unbedeckten Atemöffnungen
Die nun weithin verhängte Maskenpflicht stellt ein Verbot dar. Es ist verboten, sein Gesicht, genauer: die Atemöffnungen, unbedeckt zu lassen. Derzeit gilt es nur beim Einkaufen und im ÖPNV. Aber da das inkonsequent ist, scheint mir eine Ausweitung früher oder später nicht so weit hergeholt. Wer sich an der Gemüsetheke infizieren kann, kann sich auch am Arbeitsplatz infizieren. Oder?
Bisher gab es ein Gebot, die Atemöffnungen nicht unverhüllt zu lassen, nun ist es ein Verbot. Das ist für mich kein kleiner Unterschied. Denn mit dem Verbot wird die Fremdgefährdung betont.
Waffen sind gefährlich und verboten (solange man keine gegenteilige Legitimation hat). Autofahren ist verboten (solange man keine gegenteilige Legitimation hat). Nun ist auch der freie Mund (inkl. Nase) verboten. (Eine Legitimation zum Absetzen einer Maske mag noch hinterher geschoben werden, z.B. ein Impfnachweis.)
Das Verbot erhebt Mund und Nase bzw. die daraus entweichenden Tröpfchen für mich damit zu Waffen (oder zumindest hochgefährlichen “Abfallprodukten”).
Und da Viren in den Tröpfchen meines Atems stecken könnten, die andere gefährden könnten, fühle ich mich als Träger einer biologischen Waffe eingestuft.
Aber nicht nur ich werde so eingestuft, auch alle anderen. Ob jung, ob alt, ob groß oder klein, ob arm oder reich: SARS-CoV-2 ist der nächste große Gleichmacher, der alle Einwohner Deutschlands zu Waffenträgern macht. Von jedem kann Gefahr ausgehen. Deshalb muss diese Waffe ständig gesichert werden.
Bemerkenswert ist daran, dass hier ein Verbot ausgesprochen wird, obwohl nicht klar ist, ob und welche Gefahr wirklich in den Tröpfchen steckt. Bei einem Colt im Holster ist die Gefahr für mich ziemlich offensichtlich. Ein Schuss genügt, um mich umzubringen.
Das Verbot hinter der Maskenpflicht drückt deshalb einen pauschalen Generalverdacht aus. Wenn man andere nicht mit Viren angreifen darf und nicht bekannt ist, wer eine solche biologische Waffe in sich trägt, müssen eben alle zu potenziellen Waffenträgern gemacht werden.
Die Legitimation für den Einkauf und die Nutzung des ÖPNV ist fortan der Mundschutz. Die vielleicht in sich getragene Waffe wird damit als gesichert kenntlich gemacht.
Während die Gefährdung beim Colt, beim Auto und bei der Zigarette am Einzelnen klar erkennbar ist und dem Einzelnen ihre Nutzung spezifisch verboten wird, ist das nun ebenfalls als Waffe eingestufte Virus SARS-CoV-2 allerdings nicht klar erkennbar. Trotzdem wird das Verbot als Mittel eingesetzt, um Sicherheit für alle herzustellen.
Das halte ich grundsätzlich für unverhältnismäßig.
Selbstschutz statt Fürsorge
Wer sich schützen will vor SARS-CoV-2 soll das tun — und ich bemühe mich, das höflich zu akzeptieren. Wenn ich mich nicht schützen will, dann möchte ich, dass das ebenso akzeptiert wird. Manche ziehen im Winter Handschuhe gegen Kälte an, andere nicht. Jeder darf und soll gern für sich selbst sorgen.
Dass nun aber ich gezwungen werde, pauschal und ohne Nachweis meiner Gefährlichkeit, für andere zu sorgen, ist eine kolossale Umkehrung bisheriger Werte und Gepflogenheiten. Das will ich nicht klaglos hinnehmen.
Der Grund für meinen Widerwillen ist simpel: Solche pro-aktive Fürsorge ist bodenlos. Dafür gibt es keine Grenze. Denn nun kann jeder, aber auch wirklich jeder, der sich irgendwie gefährdet fühlt durch irgendetwas, bei allen anderen einklagen, dass sie ihn schützen mögen.
Damit meine ich nicht, dass dafür immer gleich Verbote durch die Regierung erlassen werden. Nein, viel schlimmer ist die Grundhaltung der Gesellschaft: Fürsorge wird einklagbar. Opfer einer Hilflosigkeit zu sein, wird gesellschaftsfähig. Das halte ich für eine fatale Entwicklung.
Mitgefühl verträgt keinen Imperativ.